
Aktuelle News aus der Wissenschaftskommunikation
08.05.25
Partizipative Formate der NS-Erinnerung wirken
Wie kann die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen wachgehalten werden? Viele Gedenkstätten, Museen und Archive setzen auf partizipative und digitale Formate, um mehr und vor allem jüngere Menschen zu erreichen. Doch bislang fehlten wissenschaftliche Erkenntnisse über deren Wirkung. Erstmals zeigt eine neue Untersuchung von Forschenden des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und der Hertie School in Zusammenarbeit mit den Arolsen Archives: Aktive Erinnerungsarbeit motiviert die Teilnehmenden, sich über das konkrete Projekt hinaus für Gedenkarbeit und eine offene Gesellschaft zu engagieren.
Das Bild ist entstanden im ehemaligen deutschen nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
Marie Sjödin / Pixabay
In zwei randomisierten Studien mit rund 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verglichen die Forschenden die Wirkung aktiver Erinnerungsarbeit mit reiner Informationsvermittlung. Im Zentrum der Untersuchung stand das Projekt #everynamecounts, ein digitales Crowdsourcing-Projekt der Arolsen Archives, bei dem Freiwillige historische Dokumente zur Verfolgung verschiedener Gruppen in der NS-Zeit digitalisieren. Eine Hälfte der Teilnehmenden nahm aktiv an diesem Projekt teil und digitalisierte Karten von Häftlingen des Konzentrationslagers Buchenwald. Die andere Gruppe erhielt lediglich Informationen über die NS-Verfolgung und die archivierten Dokumente (Studie 1) oder gar keine Informationen (Studie 2). Anschließend wurden die Gruppen befragt.
Vertrauen in die eigene Wirksamkeit
Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der aktiven Gruppe waren nach dem Projekt stärker motiviert, sich für Gedenkprojekte zu engagieren, und im Schnitt auch bereit, mehr dafür zu spenden. Sie gaben außerdem an, sich gegen Diskriminierung und für Menschenrechte einsetzen zu wollen – besonders hoch war ihre Bereitschaft, einer Initiative beizutreten oder eine Petition zu unterschreiben, die sich gegen Antisemitismus richtet. Die Studie verdeutlicht damit nach einem Bericht des Informationsdienstes Wissenschaft (idw), dass partizipative Erinnerungsarbeit das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit stärkt – möglicherweise der entscheidende Unterschied zwischen partizipativer Erinnerungsarbeit und reiner Informationsvermittlung. So stimmten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der aktiven Gruppe nach Projektende eher den Aussagen zu, dass sie dazu beitragen können, die NS-Verbrechen in Erinnerung zu halten, und damit einen wichtigen Beitrag zu einer Zukunft ohne Hass und Ausgrenzung leisten. „Unsere Ergebnisse belegen das Potenzial partizipativer Ansätze im Vergleich zu traditionellen Methoden, die sich auf reine Informationsvermittlung konzentrieren“, sagt Studienkoordinatorin Ruth Ditlmann von der Hertie School. „Sie stärken das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit – ein zentraler Motor für bürgerschaftliches Engagement.“
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die aktive Auseinandersetzung mit NS-Verbrechen auch das Bewusstsein für andere historische Ungerechtigkeiten – etwa Kolonialverbrechen – fördern kann. Teilnehmende waren anschließend stärker motiviert, der Opfer des deutschen Kolonialismus zu gedenken oder Archive zu unterstützen, die dieses Unrecht dokumentieren. „Dies steht, zumindest auf der individuellen Ebene, im Gegensatz zur Annahme, Erinnerungsarbeit sei ein Nullsummenspiel, bei dem unterschiedliche Gedenkanlässe um Aufmerksamkeit konkurrieren“, sagt WZB-Forscherin Berenike Firestone. Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives, betont: „Die aktive und niedrigschwellige Einbindung von Menschen in digitale Erinnerungsprojekte ist uns extrem wichtig. Die Studie zeigt nun sogar: Wenn Menschen sich bei #everynamecounts engagieren, entsteht eine kollektive und wirkungsvolle Gedenkarbeit, die in dieser Form bisher nicht möglich war – persönlich und gleichzeitig global verbunden und mit anderen im Austausch.“
Infos
Die Studie „Participating in a Digital-History Project Mobilizes People for Symbolic Justice and Better Intergroup Relations Today“ von Ruth Ditlmann, Berenike Firestone und Oguzhan Turkoglu ist in der Zeitschrift Psychological Science erschienen.
Gefördert wurde die Untersuchung von der VolkswagenStiftung.
Wissenschaftliche Ansprechpartner: Dr. Berenike Firestone, Abteilung Transformationen der Demokratie
Originalpublikation: Participating in a Digital-History Project Mobilizes People for Symbolic Justice and Better Intergroup Relations Today - Ruth Ditlmann, Berenike Firestone, Oguzhan Turkoglu, 2025
Weitere Informationen: Internationales Zentrum über NS-Opfer - Arolsen Archives und #everynamecounts – Digitales Denkmal für NS-Opfer!
05.05.25
Preisgekrönte "Flexi-Nuggets": Team der Hochschule Bremerhaven tischt Gewinner-Produkt 2025 auf und vertritt Deutschland bei ECOTROPHELIA
Mit der Produktidee "Flexi-Nuggets" gewinnt das Studierenden-Team der Hochschule Bremerhaven den diesjährigen TROPHELIA-Wettbewerb. Der Ideenwettbewerb richtet sich an Studierende der Lebensmittelwissenschaften und wurde zum 16. Mal durch den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e. V. (FEI) ausgerichtet.
Sehen nicht nur lecker aus, sondern sollen auch gut schmecken – die „Flexi-Nuggets“, die von Studierenden der Hochschule Bremerhaven entwickelt wurden.
Michaele Wohlleber
"Flexi-Nuggets" stehen für innovative Lebensmittel, die Nachhaltigkeit und Genuss vereinen. Sie wurden nach einem Bericht des Informationsdienstes Wissenschaft (idw) von drei Studierenden der Lebensmitteltechnologie an der Hochschule Bremerhaven entwickelt. Mit nur zwei Zutaten bieten sie eine einzigartige Lösung für bewussten Fleischkonsum: 50 Prozent zartes Hähnchenbrustfleisch von Bruderhähnen und 50 Prozent proteinreiche weiße Bohnen. Selbst die golden-knusprige Panade besteht zu 100 Prozent aus weißen Bohnen - für einen komplett natürlichen Genuss.
Das Team habe die TROPHELIA-Jury „auf ganzer Linie überzeugt, denn die gold-knusprigen Nuggets sind ideal für alle, die ihren Fleischkonsum reduzieren möchten, ohne geschmackliche Kompromisse einzugehen“, heißt es in der Mitteilung weiter. Dabei liege der Fokus auf der Auswahl der Zutaten, um komplett auf Zusatz- und Farbstoffe sowie Geschmacksverstärker zu verzichten.
"Die Teams haben auch in diesem Jahr wieder bewiesen, dass sie nicht nur in Bezug auf Lebensmittel, auf die Technologie und auf die Inhaltsstoffe sehr viel Fachkenntnis verwendet haben, sondern genauso auf die schwierigen Themen, wie zum Beispiel Vermarktung, Kommerzialisierung und Upcycling", spiegelt Martin Ammann, Sprecher der diesjährigen TROPHELIA-Jury, deren Gedanken wider.
Das Siegerteam der Hochschule Bremerhaven: Franziska Diebel, Pauline Hoffmann und Yusuf Toprak mit Betreuerin Prof. Dr. Ramona Bosse (v. l.)
Michaele Wohlleber
Das Siegerteam wird mit "Flexi-Nuggets" Deutschland beim europäischen Wettbewerb ECOTROPHELIA, der am 7./8. Oktober in Köln stattfindet, vertreten. Betreut wurde das Team bei der Entwicklung und Umsetzung seiner Idee durch Prof. Dr. Ramona Bosse.
Platz 2 erreicht das Team der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe mit "Mooreals", einem Convenience Knuspermüsli, das gesundheitliche und ökologische Vorteile vereint. Um ein vollwertiges Müsli mit Vollmilch zu erhalten, werden die Mooreals lediglich mit Wasser vermischt.
Über Platz 3 freut sich ein weiteres Team der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe mit "Cooliflower", einer veganen Eispraline auf Blumenkohlbasis in der Geschmacksrichtung Himbeere. Sie zeichnet sich durch ihre innovative Formulierung und ihr beeindruckendes Nährwertprofil aus - Das hat die Jury überzeugt, das Entwickler-Team ebenfalls mit dem diesjährigen Sonderpreis für die innovativste Produktidee auszuzeichnen.
Drei weitere Teams, die ihre Produktideen der Jury vorgestellt hatten, wurden für ihre Teilnahme ausgezeichnet: "Bohnique", ein Schichtdessert auf Basis der kraftvollen Ackerbohne, von einem Team des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), "Sokara Chips", ein nachhaltiger Snack, dessen Grundstoff Okara als Nebenstrom aus der Tofu- bzw. Sojamilchherstellung anfällt, sowie "Algify", ein innovatives, veganes Superfood-Getränkepulver, das die Kraft der Mikroalgen mit zeitgemäßen Ernährungsanforderungen verbindet - Beides entwickelt von Teams der Technischen Universität Berlin. Insgesamt 14 Studierenden-Teams von 5 Hochschulen hatten sich für TROPHELIA Deutschland angemeldet, um ihre Ideen für innovative Lebensmittelprodukte mit einem ökologischen Benefit vorzustellen. Die besten sechs Teams wurden für das Finale ausgewählt, das am 30. April 2025 im Rahmen des FEI-Kooperationsforums in Bonn stattfand. Die Jury würdigte die Qualität der diesjährigen Vorschläge sowie die hohe Fachkenntnis und Initiative der Teams: Alle Produktideen überzeugten in ihren öko-innovativen Eigenschaften und wären schon heute eine Bereicherung des vorhandenen Sortiments.
05.05.25
Protest, Bürgerentscheide und Verbandsklagen bremsen den Windenergieausbau
Der Ausbau der Windenergie an Land spielt eine zentrale Rolle für die Versorgung Deutschlands mit klimafreundlichem Strom. Lokale direktdemokratische Verfahren und Klagen gegen Windenergieanlagen haben ab 2018 zu einer Verlangsamung des Ausbaus der Windenergie beigetragen. Das ist das Kernthema der hybriden Ringvorlesung im Forschungsschwerpunkt Energie, Umwelt & Nachhaltigkeit an der FernUniversität Hagen. Um besser zu verstehen, wie Protest, Bürgerentscheide und Verbandsklagen zu Windenergieanlagen entstehen und wirken, werden nach einem Bericht des Informationsdienstes Wissenschaft (idw) die fachlichen Perspektiven von Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft und Psychologie zusammengebracht.
Die Vortragenden berichten aus ihrer Forschung in dem gemeinsamen, vom BMWK finanzierten Forschungsprojekt „Klagen und Bürgerbegehren als Hemmnisse für den Windenergieausbau in Deutschland“ am Forschungsschwerpunkt Energie/Umwelt/Nachhaltigkeit. Interessenten können am Dienstag, 13. Mai, 18 bis 20 Uhr, auch online an der (kostenlosen) Veranstaltung teilnehmen.
05.05.25
Mein Freund, der (Stadt-)Baum
Gemeinsam mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und der Technischen Universität München (TUM) hat der BUND Naturschutz (BN) das Citizen Science Projekt „Mein Baum“ geschaffen. Start der App war der 25. April. Das meldet der Inforemationsdienst Wissenschaft (idw).
IVORY Productions
Der Klimawandel hat Auswirkungen wie Trockenheit und bedroht damit auch die Existenz von Stadtbäumen. Diese sind aber wichtig, da sie nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen bieten, sondern zudem CO₂ binden und Schadstoffe filtern. Um der Bedrohung entgegenzuwirken, müsse man bessere Kenntnisse über den Zustand und die Verbreitung von Bäumen in urbanen Räumen erhalten, so Martin Geilhufe, BN-Landesbeauftragter.
Mithilfe der App „Mein Baum“ können nun auch Bürgerinnen und Bürger verschiedene Informationen zu Stadtbäumen wie Standort, Baumart, Umfeld, Wurzelbereich, Stamm oder Baumkrone festhalten sowie Tiere und Pilze dokumentieren, die an den Bäumen leben. Die Daten werden gesammelt und analysiert. So dienen sie nicht nur der Beantwortung wissenschaftlicher Fragen oder der Entwicklung von Schutzmaßnahmen, sondern können auch für eine nachhaltige Stadtplanung verwendet werden.
Bürger werden für die Umwelt aktiv
Prof. Dr. Barbara Darr, Professorin für Urbanes Waldmanagement an der Fakultät Wald und Forstwirtschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, betont gegenüber dem BUND Naturschutz den Vorteil der aktiven Unterstützung durch die Bürgerschaft: „Städte stehen vor Herausforderungen wie dem Klimawandel und dem Verlust der Biodiversität. Das Projekt ‚Mein Baum‘ verbindet Forschung und Bürgerbeteiligung, es ermöglicht den Bürgerinnen und Bürgern, aktiv ihre urbane Umwelt zu verbessern.“
Wissenschaftliche Betreuung
Darr hat gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Stephan Pauleit, Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung (TUM), und Prof. Dr. Thomas Rötzer, Professor für Ökologische Modellierung (TUM), die wissenschaftliche Betreuung des Projekts übernommen.
Infos rund um die App
Wer selbst bei „Mein Baum“ aktiv werden will, kann sich die kostenlose App herunterladen und sich einmalig anmelden. Die App verfügt auch über einen Community-Bereich, in welchem sich die Nutzerinnen und Nutzer austauschen können oder an Aktionen wie dem Bäumegießen in Trockenperioden teilnehmen können.
Weitere Informationen und Statements finden Interessierte in der Pressemitteilung des BUND Naturschutz: Bürgerinnen und Bürger schützen und erfassen Stadtbäume.
Wissenschaftliche Ansprechpartner
Prof. Dr. Barbara Darr
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Fakultät Wald und Forstwirtschaft
Weitere Informationen
05.05.25
Taktik trifft Technologie: Software soll Spielanalysen im Fußball revolutionieren

Die Grafik zeigt eine professionelle Spielanalyse, wie sie im modernen Fußball gang und gäbe ist.
® Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik
Eine professionelle Spielanalyse im Fußball ist zumeist den Profis vorbehalten. Die Profi-Klubs beschäftigen eigene Spielanalyse-Teams und setzen teure Analysetools ein. Der Amateurfußball kann sich dies häufig nicht leisten und bleibt außen vor. Das Kölner Start-up N12 Tactics will einem Bericht des Informationsdienstes Wissenschaft (idw) zufolge diese Lücke schließen. Mit innovativen Softwarelösungen möchte das Team den Zugang zur professionellen Spielanalyse erleichtern. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) soll die taktische Analyse nun für alle zugänglich werden. Dazu hat das Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik eine EXIST-Förderung über rund 150.000 Euro für ein Jahr eingeworben, welches vom Projektträger Jülich (Nachhaltige Entwicklung und Innovation, Gründungs-, Transfer- und Innovationsförderung) und der Forschungszentrum Jülich GmbH finanziert wird. „Taktik ist nicht nur für Trainer*innen, sondern auch für Spieler*innen entscheidend. Unsere Software hilft dabei, das Spielverständnis auf ein neues Level zu heben“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert, geschäftsführender Leiter des Instituts für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Deutschen Sporthochschule Köln. Als wissenschaftlicher Mentor des N12-Tactics-Teams bringt er seine Expertise aus verschiedenen aktuellen KI- und ML-Projekten, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), in das Projekt ein.
Analyse in Echtzeit
Die beiden Kernprodukte des Start-ups „Frames“ und „Patterns“ ermöglichen es, Spielszenen automatisch zu segmentieren, Positionierungen zu analysieren und taktische Konzepte interaktiv zu erstellen – sei es auf dem Spielfeld, in der Kabine oder bequem von zu Hause aus. „Frames“ erlaubt es Trainerinnen und Trainern ebenso wie Analystinnen und Analysten, Spiele in Echtzeit zu analysieren und automatisch Schlüsselmomente hervorzuheben. „Patterns“ hingegen ist als perfekte Ergänzung für mobile Endgeräte konzipiert um Taktiken zu visualisieren und den Spielenden direkt zugänglich zu machen: mobil, schnell, benutzerfreundlich. Besonders innovativ: Die Software simuliert automatisch Bewegungen der gegnerischen Teams sowie die optimale Torwartpositionierung – „eine bislang einmalige Funktion im Markt“, betont N12 Tactics.
Das sind die Macher
Hinter dem Projekt stehen Ryosuke Yano (M.A. Sport, Medien- und Kommunikationsforschung, Deutsche Sporthochschule Köln), Erik Tabuchi Barczak (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Karlsruhe Institute of Technology) und Gota Shirato (Universität Bonn), die ihre langjährige Erfahrung aus Fußballanalyse, Softwareentwicklung und KI in das Start-up einbringen. Unterstützt wird das Team unter anderem von der Deutschen Sporthochschule Köln, insbesondere von der Abteilung „Transfer und Gründung“, die mit ihrer Expertise im Bereich Innovation und Gründung maßgeblich zur erfolgreichen Mitteleinwerbung beigetragen hat. „Ohne diese wertvolle Hilfe wäre das Projekt in dieser Form nicht möglich gewesen“, betont Daniel Memmert. Von einer wachsenden Social-Media-Community mit über 700.000 Followern und ersten Kooperationen mit internationalen Vereinen erhofft sich N12 Tactics, den digitalen Wandel im Fußball entscheidend mitgestalten zu können. Das Projekt startet offiziell im Mai 2025.
Ein Advisors-Board unterstützt mit inhaltlicher Expertise und berät das Start-up-Team; das Board besteht aus Prof. Dr. Daniel Memmert (Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik, Mentor), Hiroshi Miyazawa (Trainer von Mumbai City FC in Indien und ehemaliger Spieler von Sanfreece Hiroshima, Shonan Bellmare und JEF United Chiba in Japan) und Wynton Rufer (ehemalige Fußballspieler der neuseeländischen Nationalmannschaft sowie von Werder Bremen und 1. FC Kaiserslautern).
02.05.25
BIOMASS-Mission der ESA läutet neue Ära zur weltweiten Vermessung der Wälder ein
BIOMASS nutzt als erster Satellit im All eine leistungsstarke Radar-Wellenlänge (P-Band). Dadurch kann er erstmalig das gesamte Kronendach der Wälder durchdringen.
BIOMASS soll eine detaillierte Karte der Biomasse in den dichten Wäldern der Erde erstellen und damit deren Zustand und ihre weitere Entwicklung über 5 Jahre überwachen.
Warum das wichtig ist: Wälder speichern riesige Mengen an Kohlenstoff und mildern so die negativen Folgen menschengemachter Emissionen auf das Klima. Mit der Kenntnis, wo und wie viel Kohlenstoff gespeichert ist, können Wissenschaftler und Regierungen besser über Maßnahmen zum Naturschutz, zur Klimaanpassung und zur Eindämmung des Klimawandels entscheiden, schreibt der Informationsdienst Wissenschaft (idw).
Die Mission
Der 29. April 2025 markiert laut idw „einen erheblichen Fortschritt in der Art und Weise, wie wir unseren Planeten sehen und verstehen werden.“ An diesem Tag, genau: um 11:15 Uhr, hat die Europäische Weltraumorganisation (ESA) den BIOMASS-Satelliten erfolgreich gestartet und in die Umlaufbahn gebracht. Der Start erfolgte vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana, und markiert den Beginn der weltweit ersten Mission, die ein innovatives Radarsystem, ein P-Band-Radar mit synthetischer Apertur (SAR), ins All bringt.
Die Bilder zeigen links den BIOMASS-Satelliten, eingekapselt in eine Raketenhülle, die ihn auf seinem Weg durch die Erdatmosphäre schützt. Das rechte Foto zeigt den Satelliten auf dem Weg zum Startturm auf dem europäischen Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch-Guayana), um an der Vega-C-Rakete von Arianespace befestigt zu werden.
Stefan Kiryenko/ESA
Die BIOMASS-Mission dient der globalen Kartierung und Überwachung unserer Wälder. Sie wird die Struktur verschiedener Waldtypen erfassen und Daten zur oberirdischen Biomasse liefern. Letztes ist ein wichtiger Indikator für die Kohlenstoffvorräte der Landökosysteme und die Grundlage für globale Klimaschutzmaßnahmen. „Mit dem erfolgreichen Start von BIOMASS werden wir die tropischen Wälder durch eine völlig neue Brille betrachten. Dies ist der erste Satellit mit einem P-Band-Radar im Weltraum, der es uns ermöglicht, tiefer als je zuvor in die Baumkronen hineinzuschauen und so die Biomasse und ihre Veränderungen viel genauer zu bestimmen,“ sagt Dr. Nuno Carvalhais, Projektmanager des BIOMASS Projektbüros am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.
Wälder spielen eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoffkreislauf
Die Überwachung der in großen und dichten Wäldern gespeicherten Kohlenstoffmengen ist von großer Bedeutung, da diese Ökosysteme ein Drittel der gesamten Photosynthese auf der Landoberfläche leisten und etwa die Hälfte des weltweiten in Biomasse vorhandenen Kohlenstoffs speichern. Dies entspricht dem Vierfachen der jährlichen globalen CO₂-Emissionen durch anthropogene Aktivitäten. Insbesondere tropische Wälder sind darüber hinaus für ihre biologische Vielfalt und ihre Ökosystemleistungen von unschätzbarem Wert. Sie stabilisieren das Weltklima und sichern das menschliche Wohlergehen.
Doch tropische Regenwälder sind zunehmend anfällig für klimatische und menschliche Einflüsse. Umso wichtiger ist es daher, den Rückgang der Wälder durch Abholzung und andere Störungen sowie Veränderungen der damit zusammenhängenden Kohlenstoffemissionen zu verfolgen. Bisher war es aufgrund der begrenzten Möglichkeiten bestehender Satellitentechnologien schwierig, zuverlässige Daten zur globalen Biomasse zu erheben, insbesondere in den Tropen. BIOMASS schließt diese Lücke mit einem neuen Maß an Detailgenauigkeit und Empfindlichkeit.
Wichtige Erkenntnisse für alle Teile der Gesellschaft
Das Erfassen der verschiedenen Waldökosysteme wird nicht nur Forschenden, sondern auch politischen Entscheidungsträgern und Naturschützern auf der ganzen Welt wichtige Informationen liefern, um einer zunehmenden Entwaldung entgegen zu wirken sowie Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu unterstützen. Die Messungen sind für das globale Kohlenstoffbudget unerlässlich und werden in globale Klimamodelle einfließen, um politische Rahmenwerke wie das Pariser Abkommen, den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) und Programme zur Reduzierung von Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung (REDD+) fortzusetzen.
Frei zugängliche Daten für die Wissenschaft
BIOMASS wird die Erde mindestens fünf Jahre lang umkreisen und dabei frei zugängliche Daten für die wissenschaftliche Gemeinschaft, Umweltorganisationen und Regierungen sammeln, dadurch auch die internationale Zusammenarbeit in der Klima- und Erdsystemforschung fördern. BIOMASS ist eine Kernkomponente des Earth-Explorer-Programms der ESA und spielt eine wichtige Rolle zur Einhaltung internationaler Klimavereinbarungen.
Das Projektbüro
Das in Deutschland angesiedelte Projektbüro BIOMASS unterstützt die wissenschaftliche Gemeinschaft, um das volle Potenzial der Mission auszuschöpfen. Koordiniert von Dr. Nuno Carvalhais am Max-Planck-Institut für Biogeochemie (MPI-BGC) fungiert das Projektbüro als zentrale Drehscheibe für den wissenschaftlichen Austausch, in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU), dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).
Schulungen und Workshops
Um Forschende und Praktiker aktiv einzubinden, bietet das Projektbüro Schulungskurse, Workshops und wissenschaftliche Veranstaltungen an. Diese sollen helfen BIOMASS-Daten optimal zu nutzen, um die Waldforschung, Klimastudien und ökologische Anwendungen voranzutreiben. Durch die Förderung eines lebendigen Dialogs zwischen Wissenschaftlern, Interessenvertretern und Entscheidungsträgern stellt das Projektbüro BIOMASS sicher, dass die bahnbrechenden Daten der Mission auch in der realen Welt Wirkung zeigen. Das Projektbüro BIOMASS wird durch einen Vertrag der Deutschen Raumfahrtagentur DLR finanziert, mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Wissenschaftliche Ansprechpartner
Dr. Nuno Carvalhais
ncarvalhais@bgc-jena.mpg.de
Dr. Nicole Börner
nboerner@bgc-jena.mpg.de
Weitere Informationen
28.04.25
Waldsterben in Wasserschutzgebieten: Eine Gefahr für die Trinkwasserqualität

Das Waldsterben in deutschen Wasserschutzgebieten führt zu einer Verschlechterung der Trinkwasserqualität. Eine aktuelle Studie der Universität Freiburg zeigt, dass sich die durchschnittlichen Nitratkonzentrationen in betroffenen Wasserschutzgebieten verdoppelt haben, meldet der „Informationsdienst Wissenschaft“ (idw). Das Waldsterben während der Dürrejahre von 2018 bis 2020 stellt eine bislang unterschätzte Gefahr für die Trinkwasserqualität in Deutschland dar. Das ist das Ergebnis einer interdisziplinären Studie der Universität Freiburg, die in der Fachzeitschrift Earth’s Future veröffentlicht wurde. Das Forschungsteam untersuchte die Nitratkonzentrationen im Grundwasser exemplarischer deutscher Wasserschutzgebiete. In Gebieten, die einen erheblichen Waldverlust erlitten hatten, kam es zu einer Verdopplung der durchschnittlichen Nitratkonzentrationen.
„In Deutschland sind 43 Prozent der Wasserschutzgebiete bewaldet, daher ist die Gesundheit der Wälder entscheidend für den Erhalt der Wasserqualität“, erklärt Dr. Carolin Winter, Erstautorin der Studie und Hydrologin an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. Die Forschenden konnten zeigen, dass innerhalb von drei Jahren nach Beginn der Dürreperiode 2018 etwa fünf Prozent der Waldflächen in Wasserschutzgebieten abgestorben waren. Die Auswirkungen auf die Wasserqualität variierten dabei stark zwischen den verschiedenen Gebieten. Die Forschenden warnen zudem vor potenziellen verzögerten Effekten, die sich erst in den kommenden Jahren zeigen könnten.
Waldgesundheit ist wichtig für die Trinkwasserqualität
Dass Wälder als natürliche Garanten der Trinkwasserqualität fungieren, ist seit Langem bekannt. Der Großteil des Trinkwassers in Deutschland stammt aus Grundwasser, das in ausgewiesenen Schutzgebieten gewonnen wird. In diesen Gebieten gelten strenge Regeln, um Risiken der Kontamination zu minimieren. So soll unter anderem verhindert werden, dass Nitrat ins Grundwasser gelangt und es für die Trinkwasserversorgung unbrauchbar macht. Typische Nitratquellen sind Landwirtschaft, Städte und Industrie, während Wälder Nitrat aktiv zurückhalten und so das Grundwasser schützen. Das schnelle Absterben von Bäumen kann diese Schutzfunktion jedoch beeinträchtigen und Wälder selbst zu einer Quelle für Nitratverunreinigungen werden lassen.
Enormer Waldverlust in deutschen Wasserschutzgebieten
Durch die Kombination bestehender Walddaten mit einer umfangreichen Neuerfassung aller Wasserschutzgebiete in Deutschland fanden die Forschenden heraus, dass etwa 43 Prozent der Wasserschutzgebiete bewaldet sind. Zudem konnten sie zeigen, dass innerhalb von drei Jahren nach Beginn der Dürreperiode 2018 fünf Prozent dieser Waldflächen abgestorben waren. „Dies stellt einen hohen Verlust innerhalb kürzester Zeit dar, besonders im Hinblick auf die entscheidende Bedeutung für die Wasserschutzgebiete und die normale Rotationszeit der Baumarten in Deutschland die von 60 bis 160 Jahren reicht“, erklärt Dr. Florian Schnabel, Letztautor der Studie und Forstwissenschaftler an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen. Besonders betroffen waren Wälder mit hohem Fichtenanteil, aber auch Baumarten wie die Buche verzeichneten ungewöhnlich hohe Verluste.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten Daten zur Grundwasserqualität aus exemplarischen Wasserschutzgebieten, die mehr als 25 Prozent Waldverlust erlitten hatten. Ihre Analysen zeigten, dass die Nitratkonzentrationen dort von durchschnittlich 5 Milligramm pro Liter (im Zeitraum vor der Dürreperiode, 2008–2017) auf 11 Milligramm pro Liter (nach der Dürre, 2021–2022) angestiegen waren. In Gebieten mit geringem Waldverlust von unter drei Prozent wurden hingegen keine erhöhten Nitratwerte festgestellt.
Allerdings variierten Zeitpunkt und Ausmaß der Nitratzunahme deutlich und nicht alle Gebiete, die von starkem Waldsterben betroffen waren, wiesen erhöhte Nitratkonzentrationen auf, so der idw weiter. „Die Unterschiede könnten durch verschiedene Waldtypen oder zeitliche Verzögerungen zwischen dem Waldverlust und der messbaren Erhöhung von Nitratwerten verursacht sein“, erläutert Winter. „Teilweise könnten die Auswirkungen erst nach Jahren oder sogar Jahrzehnten sichtbar werden.“
Die Autorinnen und Autoren betonen laut, dass weitere Forschung notwendig ist, um die Einflüsse des Waldsterbens auf die Wasserqualität besser zu verstehen und langfristig wirksame Schutzmaßnahmen zu entwickeln.
Weitere Informationen:
Originalpublikation: Winter, C., Müller, S., Kattenborn, T., Stahl, K., Szillat, K., Weiler, M., & Schnabel, F. (2025). Forest dieback in drinking water protection areas – a hidden threat to water quality. Earth’s Future. DOI: 10.1029/2025EF006078.
Dr. Carolin Winter ist Hydrologin an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit den Dynamiken der Wasserqualität unter sich wandelnden hydro-meteorologischen Bedingungen sowie extremen Ereignissen wie Dürren und Überschwemmungen. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf den Auswirkungen der Landnutzung auf die Wasserqualität.
Dr. Florian Schnabel ist Forstwissenschaftler an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Beziehungen zwischen Biodiversität und Ökosystemfunktionen von Wäldern, nachhaltige Waldbewirtschaftung angesichts des globalen Wandels und die Auswirkungen von Klimaextremen auf Wälder. Er ist Associate Investigator der Exzellenzclusterinitiative Future Forests.
28.04.25
Offenes Wissen für alle: TU Berlin baut mit an Deutschlands Diamond-Open-Access-Zukunft
Die Technische Universität Berlin engagiert sich aktiv für die Open-Access-Transformation. Ab Mai 2025 beteiligt sie sich mit dem Verlag BerlinUP am Aufbau der nationalen Servicestelle für Diamond Open Access (SeDOA), die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Gemeinsam mit 14 weiteren Institutionen setzt sich die TU Berlin laut einer Mitteilung des Informationsdienstes Wissenschaft (idw) dafür ein, das nachhaltige und kostenfreie Publikationsmodell des Diamond Open Access weiterzuentwickeln und zu etablieren.
Offene Wissenschaft stärken
Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten frei zugänglich und ohne finanzielle Hürden verfügbar sein. Genau hier setzt das Projekt SeDOA an: Die Servicestelle wird als zentrale Plattform fungieren, um Forschenden, Herausgeberinnen und Herausgebern sowie Institutionen den Zugang zu einer nachhaltigen, wissenschaftsgetragenen Publikationskultur zu erleichtern. Ziel ist es, bestehende dezentrale Open-Access-Dienste besser zu vernetzen und deren Effizienz zu steigern.
BerlinUP bringt Expertise ein
Mit BerlinUP bringt die TU Berlin ihr Know-how im Bereich Open-Access-Publikationen in das Projekt ein. BerlinUP, der gemeinsame Open-Access-Verlag der drei Berliner Universitäten – Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin – bietet innovative Publikationsdienstleistungen und Beratungsangebote für Forschende.
Ein Netzwerk für die Zukunft des Publizierens
Das Konsortium hinter SeDOA umfasst 15 wissenschaftliche Institutionen, koordiniert von der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin und der Max-Weber-Stiftung in Bonn. Gemeinsam wird eine nationale Servicestelle in Form eines „Diamond Capacity Centre" geschaffen, das auch auf europäischer Ebene vernetzt wird und den internationalen Austausch stärkt. Jürgen Christof, Direktor der Universitätsbibliothek der TU Berlin: „Diamond Open Access ist ein entscheidender Schritt hin zu einer fairen und nachhaltigen Wissenschaftskommunikation. Unser Ziel ist es, die Sichtbarkeit und Nutzung dieses Publikationsmodells nachhaltig zu steigern. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir Perspektiven für die Open-Access-Zukunft entwickeln."
Weitere Informationen gibt es auf der Website der Servicestelle für Diamond Open Access (SeDOA) http://www.diamond-open-access.de
Diese 15 Einrichtungen unterstützen den Aufbau der nationalen Servicestelle für Diamond Open Access (SeDOA):
- Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
- Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin
- Universitätsbibliothek der Technische Universität Berlin
- Medizinische Bibliothek, Charité – Universitätsmedizin Berlin
- Universitätsbibliothek Bielefeld
- Max-Weber-Stiftung Bonn
- Universitätsbibliothek Braunschweig
- Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
- Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg
- Universitätsbibliothek Heidelberg
- FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur
- ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften Köln
- Fachhochschule Potsdam
- Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
26.04.25
Helmholtz KLIMA: Neue Dialog-Plattform
Mit der Dialog-Plattform Helmholtz KLIMA hat die Helmholtz-Gemeinschaft eigenen Angaben zufolge ihr Engagement für die Klimakommunikation gestärkt und eine Schnittstelle für klimarelevante Fragen zwischen den 18 Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft und der Politik geschaffen. Ziel der Plattform ist es, Wege zur Klimaneutralität und zur Anpassung an den Klimawandel aufzuzeigen.
Die Dialog-Plattform Helmholtz KLIMA knüpft mit ihren Aktivitäten an klimarelevante gesellschaftliche und politische Debatten an, wie sie zuletzt auch im aktuellen Koalitionsprozess geführt wurden. Zu diesen Diskursen identifiziert sie die passende Forschungsexpertise aus den 18 Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft, die durch ihre interdisziplinäre Forschung Klimatransformation eng mit Themen wie Energiewende, Verkehrswende, Biodiversität, Gesundheit usw. vernetzen.
Helmholtz KLIMA bringt in Dialog-Formaten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Kontakt, um gemeinsam Lösungen für die Zukunft zu entwickeln. „Damit möchten wir erreichen, dass evidenzbasierte Erkenntnisse der klimarelevanten Forschung noch stärker in politische Entscheidungsprozesse einfließen“, so Prof. Dr. Katja Matthes, Koordinatorin des Steering Boards von Helmholtz KLIMA und Direktorin des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Als Helmholtz-weites Informations- und Dialogportal rund um die klimarelevante Forschung ergänzt Helmholtz KLIMA das bestehende digitale Angebot der Helmholtz-Gemeinschaft, berichtet der Informationsdienst Wissenschaft e.V. Vor allem die auf der Website öffentlich zugängliche Datenbank mit Profilen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den 18 Helmholtz-Zentren ermöglicht die schlagwortgestützte Suche nach Expertise für politische Institutionen, Redaktionen und zivilgesellschaftliche Akteure.
Unterhausdebatte
Die Pilotveranstaltung von Helmholtz KLIMA findet am Dienstag, 20. Mai 2025 zum Thema „CO2-Entnahme aus der Luft: Wie räumen wir die Atmosphäre auf?“ in Form einer öffentlichen Unterhausdebatte in Berlin statt. Gemeinsam mit Beteiligten aus Wissenschaft, Politik, Medien und der Zivilgesellschaft möchten wir die unterschiedlichen Methoden der CO2-Entnahme reflektieren und ihre Potenziale und Risiken sowie ihren möglichen Beitrag zur Einhaltung der Klimaschutzziele in Deutschland diskutieren.
Info: Helmholtz KLIMA (löst seit 2025 die Helmholtz-Klima-Initiative ab und arbeitet mit einem neuen Team in Berlin) zeigt Wege zur Klimaneutralität und zur Anpassung an den Klimawandel auf und ist eine Dialog-Plattform der Helmholtz-Gemeinschaft in Trägerschaft des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel.
24.04.25
„Planet Africa“ on Tour
Die Ausstellung „Planet Africa – Eine archäologische Zeitreise“ macht international Station: Nach Eröffnungen in Ghana und Eswatini ist sie ab Mai 2025 in der Archäologischen Staatssammlung München zu sehen.

Die Ghana-Ausstellung wurde am 27. März 2025 im eigens errichteten Erweiterungsbau des Archäologischen Museums der Universität von Ghana in Accra Legon eröffnet.
Cornelia Kleinitz/ DAI KAAK
Die Ausstellung „Planet Africa“ erzählt in sechs Modulen die außergewöhnliche Geschichte Afrikas – von den ersten Vertreterinnen und Vertreter der Gattung Homo über technologische Innovationen bis hin zu frühen Ernährungskonzepten. In Ghana wurde die Ausstellung am 27. März 2025 im dazu eigens errichteten Anbau des Archäologischen Museums der University of Ghana in Accra Legon eröffnet. An der Eröffnung nahmen Vertreterinnen und Vertreter der University of Ghana, der äthiopische Konsul, der stellvertretene Botschafter Algeriens sowie der deutsche Botschafter Daniel Krull teil.
Auch in Eswatini wurde Anfang April ein bedeutender Meilenstein gefeiert: Der Premierminister, seine Exzellenz Russell Mmiso Dlamini, eröffnete offiziell die Doppelausstellung zur Kultur der San in Eswatini und „Planet Africa“ im Nationalmuseum von Lobamba. Mit Unterstützung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Pretoria und des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) kann so den Besuchenden einerseits eine wichtige historische Epoche des Königreichs selbst nähergebracht werden, andererseits wird darüber hinaus ein Blick auf die Archäologie des gesamten afrikanischen Kontinents ermöglicht.
Ausstellung auf einem USB-Stick
Für die Ausstellungskonzeption in Afrika war schnell klar, dass unterschiedliche Gründe – beispielsweise enorme Distanzen, logistische Probleme, unterschiedliche rechtliche, sprachliche und politische Umstände – ein physisches Wandern der Ausstellung unmöglich machen. „Planet Africa“ stellt daher Geschichten statt Objekte in den Fokus, bedient sich dabei an Bildmaterial, Street Art, Grafiken, Texten und Cinematics: „So können die Inhalte der Ausstellung auf digitalen Medien gespeichert werden und bequem an den Ort reisen, wo die Ausstellung gezeigt werden soll. Dort kann sie ausgedruckt und ihre Filme auf Bildschirmen gezeigt werden. Bei Bedarf lassen sich die Inhalte an lokale Bedürfnisse anpassen und es können Objekte aus eigenen Sammlungen hinzugefügt werden ohne, dass diese Zoll- oder Ländergrenzen überwinden müssen“, erklärt Jörg Linstädter, Leitender Direktor der Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen am DAI. Je nach Räumlichkeit und finanziellen Mitteln kann die Ausstellung beliebig gezeigt, mit heimischen Objekten ergänzt werden und bleibt zeitgleich immer auf aktuellem Stand.
Eine Ausstellung auf zwei Kontinenten
Während in Afrika die Ausstellung an jedem Standort jeweils eigens errichtet wird, wandert „Planet Africa“ im Mai von Berlin nach München: Am 16. Mai öffnet die Ausstellung in der Archäologischen Staatssammlung für Besucherinnen und Besucher und ist dort bis zum 28. September 2025 zu sehen.
Hintergrund zum Forschungsprojekt
Das DFG-geförderte Schwerpunktprogramm „Entangled Africa: Innerafrikanische Beziehungen zwischen Regenwald und Mittelmeer, ca. 6.000–500 Jahre vor heute“ wird in 13 Projekten das subsaharische Afrika beleuchtet: Ziel ist es, innerafrikanische Beziehungen und Netzwerke der letzten 6.000 Jahre bis zum Beginn der Kolonialzeit zu erforschen und sichtbar zu machen. Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler am DAI sowie führende Universitäten in Berlin, Münster, Köln und Frankfurt am Main kooperieren in enger Zusammenarbeit mit afrikanischen Kolleginnen und Kollegen. Die Ausstellung wird finanziert aus Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Staatlichen Museen zu Berlin.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
PD Dr. Jörg Linstädter
Leitender Direktor der Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen am DAI
Weitere Informationen:
24.04.25
In den Städten leben mehr bunte Vögel als auf dem flachen Land
Neue Studie der Forschende der Universität Granada und des Max-Planck-Instituts für biologische Intelligenz
Forschende der Universität Granada und des Max-Planck-Instituts für biologische Intelligenz zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen der Urbanisierung und der Gefiederfarbe von Vögeln besteht. Vogelarten, die sich in der Stadt behaupten, sind weniger braun und tragen auffälligere Farben in ihrem Gefieder. Dies ist vermutlich auf die urbane Lebensraumstruktur (weniger Wald), andere Hintergrundfarben und die geringere Anzahl von Raubvogelarten in der Stadt zurückzuführen. Die Studie basiert auf Daten von mehr als 1200 Vogelarten und ist ein anschauliches Beispiel dafür, welche Auswirkungen die Urbanisierung auf Wildtiere haben kann.
Die Urbanisierung hat enorme Auswirkungen auf das Ökosystem und stellt Tiere und Pflanzen vor große Herausforderungen. Die weltweit fortschreitende Verstädterung gilt als eine der Hauptursachen für den anhaltenden Rückgang der biologischen Vielfalt. Ein eigenes Forschungsgebiet, die Stadtökologie, widmet sich der Frage, welchen Einfluss die Urbanisierung auf verschiedene Organismen hat. So haben beispielsweise viele Studien untersucht, wie sich der Stadtlärm auf die Kommunikation von Vögeln auswirkt. Bisher wissen wir jedoch immer noch wenig darüber, ob und wie die Farbe von Tieren mit der Urbanisierung zusammenhängt.

Eher in der weiten Natur zuhause: Bräunliche Waldvögel, wie der hier zu sehende Weißkehl-Baumrutscher (Cormobates leucophaeus), tun sich meist in städtischen Regionen schwer.
© MPI für biologische Intelligenz / Kaspar Delhey
Wärme und Tarnung
Dabei erfüllt Farbe im Tierreich zahlreiche, wichtige Funktionen: Sie hilft zum Beispiel dabei, Tiere warm zu halten oder sie vor Überhitzung zu schützen (Thermoregulation). Außerdem kann sie eine Rolle bei der Tarnung, der Partnerwahl und im Konkurrenzkampf spielen. In Städten ist es in der Regel wärmer, es gibt weniger Fressfeinde, dafür mehr künstliches Licht und andere Hintergrundfarben zum Beispiel durch Beton und Asphalt. Es ist also durchaus denkbar, dass die städtische Umgebung einen Einfluss auf die Färbung von Tieren hat. Unter Leitung von Bart Kempenaers gingen Forschende am MPI für biologische Intelligenz und der Universität Granada diesem Thema auf den Grund. Dazu nutzten sie einen globalen Datensatz mit den Häufigkeiten von über 1200 Vogelarten in Lebensräumen mit unterschiedlichem Urbanisierungsgrad. Diesen kombinierte das Team mit Daten zur Gefiederfarbe und analysierte, inwiefern sich die relative Häufigkeit der Arten in städtischen Gebieten an der Farbe ablesen lässt.
Bringen graue Gefieder eher Nachteile in der Stadt?
Dabei zeigte sich, dass die in der Stadt erfolgreichen Vogelarten weniger braun sind. „Brauntöne kommen häufiger in der Natur vor als in der Stadt. Wir vermuten daher, dass braune Vögel in einer eher grauen Stadt Nachteile haben. Die vorherrschenden Stadtfarben und das Fehlen geeigneter Lebensräume kann also entscheidend dafür sein, welche Vogelarten dort gut klarkommen“, erklärt Kaspar Delhey, einer der beiden Erstautoren der Studie. In der Stadt finden sich zudem vermehrt Vogelarten, die auffällige Farben in ihrem Gefieder tragen – insbesondere trifft dies für Weibchen zu. Urbane Lebensräume scheinen demnach farbenfrohere Vogelarten zu begünstigen. Dies könnte daran liegen, dass es in städtischen Regionen weniger Fressfeinde gibt und das „Gesehen werden“ ein geringeres Risiko darstellt als auf dem Land.
Frühere Studien deuteten darauf hin, dass die Farbvielfalt unter städtischen Vögeln geringer ist – das Team konnte aber zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist. „In städtischen Regionen gibt es weniger Arten als auf dem Land. Wenn wir dies in unserer Auswertung berücksichtigen, haben die Vogelbestände in der Stadt sogar eine größere Farbvielfalt“, sagt Juan Diego Ibáñez-Álamo, Erstautor der Studie.
Eher unauffällig in der Stadt: Der Blauohr-Honigfresser (Entomyzon cyanotis) hat erfolgreich städtische Regionen in Australien besiedelt. Wie viele in der Stadt lebende Vogelarten, zeichnet er sich durch auffällige Farben im Gefieder aus.
© MPI für biologische Intelligenz / Kaspar Delhey
Die Studie zeigt damit, dass sich erfolgreiche Stadtvögel farblich von denjenigen unterscheiden, die in der Stadt nicht zurechtkommen – die Urbanisierung und die Färbung von Vögeln sind demnach miteinander verknüpft. Zukünftige Untersuchungen müssen nun zeigen, ob dies auch für andere Tiergruppen zutrifft.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (IDW)
24.04.25
Ist Musikgenuss vererbbar?
Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat untersucht, wie genetische und umweltbedingte Faktoren unsere Freude am Musikerleben beeinflussen.
Hat die Fähigkeit Musik zu genießen eine biologische Grundlage? Eine kürzlich im Fachmagazin Nature Communications veröffentlichte Studie zeigt, dass Musikgenuss in der Tat teilweise vererbbar ist. Ein internationales Team unter der Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Max-Planck-Institute für Psycholinguistik in Nijmegen, Niederlande, und für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main hat untersucht, wie genetische und umweltbedingte Faktoren unsere Freude am Musikerleben beeinflussen.

Die Fähigkeit Musik zu genießen ist zum Teil vererbbar.
MPI für empirische Ästhetik / F. Bernoully
Musik spielt eine wichtige Rolle für menschliche Emotionen, soziale Bindungen und den kulturellen Umgang. Doch nicht alle empfinden dies gleichermaßen. Warum genießen manche Menschen Musik zum Beispiel mehr als andere? „Die Antwort auf diese Frage kann uns einen Einblick in allgemeinere Aspekte des menschlichen Geistes geben – zum Beispiel dahingehend, wie Erfahrungen zu Vergnügen werden“, erklärt Erstautor Giacomo Bignardi vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik. „Wir wollten verstehen, ob genetische Unterschiede zwischen Individuen zu Unterschieden im Musikgenuss führen und was uns diese Unterschiede über die Musikalität im Allgemeinen sagen können.“
Daten von mehr als 9.000 Zwillingen untersucht
Um herauszufinden, ob genetische Faktoren den Musikgenuss oder das Belohnungsempfinden durch Musik beeinflussen, verwendete das Team ein Forschungsdesign, bei dem die Ähnlichkeit zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen verglichen wird: Wenn sich eineiige Zwillinge ähnlicher sind als zweieiige, spielt die Genetik vermutlich eine Rolle. In Zusammenarbeit mit dem Karolinska-Institut in Schweden konnten die Forschenden Daten von mehr als 9.000 Zwillingen nutzen, darunter unter anderem Informationen zum Belohnungsempfinden durch Musik sowie zur Fähigkeit, musikalische Merkmale wie Tonhöhe, Melodie und Rhythmus wahrzunehmen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fähigkeit, Freude an Musik zu empfinden, teilweise vererbt wird: Mit Hilfe des Zwillingsdesigns konnten die Forschenden ermitteln, dass die Unterschiede in der schwedischen Stichprobe zu 54 Prozent genetisch bedingt sind. Das Team fand auch heraus, dass die genetischen Einflüsse auf das musikalische Belohnungsempfinden teilweise unabhängig von musikalischen Wahrnehmungsfähigkeiten und dem allgemeinen (nicht-musikalischen) Belohnungsempfinden sind. Das heißt, dass Unterschiede darin, wie lohnend wir persönlich Musikgenuss wahrnehmen, zum Teil auch genetisch bedingt sind und nicht nur durch individuelle Unterschiede in unserem generellen menschlichen Belohnungssystem erklärt werden können. Darüber hinaus entdeckten die Forschenden, dass verschiedene Facetten des Musikgenusses teilweise durch unterschiedliche Gene beeinflusst werden, so zum Beispiel die Emotionsregulation, das Tanzen im Takt oder das Musizieren mit anderen.
„Diese Ergebnisse zeichnen ein komplexes Bild. Sie zeigen, dass unsere Freude an Musik nicht ausschließlich von unseren Fähigkeiten abhängt, musikalische Klänge wahrzunehmen oder generell Freude zu empfinden“, berichtet Seniorautorin Miriam Mosing vom MPIEA. „Vielmehr scheint es, als gäbe es spezifische genetische und umweltbedingte Faktoren, die Einfluss auf unser musikalisches Empfinden haben.“
„Gertrud“ ist am Start
Während die vorliegende Studie auf Daten von schwedischen Zwillingen basiert, hat das MPIEA in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin kürzlich das erste nationale Zwillingsregister in Deutschland mit Namen „Gertrud“ ins Leben gerufen. Ziel dieser Initiative ist es, auch in Deutschland eine umfassende Ressource für die Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Genen und Umwelt zu schaffen, die individuellen Unterschieden zugrunde liegen. Zwillinge, die zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen und an Forschungsstudien teilnehmen möchten, sind herzlich eingeladen, sich auf www.gertrud.info zu registrieren.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (IDW)
Antipluralistische Parteien bedrohen die Wissenschaftsfreiheit
Der zunehmende Einfluss antipluralistischer Parteien geht oft mit einer geringeren Wissenschaftsfreiheit im jeweiligen Land einher. Dies ist eines der Ergebnisse des aktuellen Academic Freedom Index (AFI), der am 13. März 2025 veröffentlicht wird. Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) veröffentlichen den Index jährlich in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen des V-Dem-Instituts an der Universität Göteborg. Er umfasst 179 Länder weltweit.
FAU/VDem
Der diesjährige Academic Freedom Index zeigt, dass acht der im Index erfassten Länder im Jahr 2024 deutlich höhere Wissenschaftsfreiheit aufweisen als vor zehn Jahren, während die Werte in 34 Ländern oder Territorien gesunken sind. Zu den Ländern, in denen der Rückgang der Wissenschaftsfreiheit statistisch und substanziell signifikant war, gehören mehrere Demokratien, wie beispielsweise Argentinien, Finnland, Griechenland, Israel, Portugal und die Vereinigten Staaten, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch in Österreich und Deutschland war der Rückgang der akademischen Freiheit messbar, in beiden Fällen aber bleibt der Rückgang gering und ist noch nicht substanziell signifikant, so die Autorinnen und Autoren des Berichts. Obwohl die Wissenschaftsfreiheit in Demokratien nach wie vor deutlich besser geschützt ist als in Autokratien, verdeutlichen diese Beispiele, dass die Wissenschaftsfreiheit auch in Demokratien unter Druck geraten kann. Daher konzentriert sich der diesjährige Bericht zum Academic Freedom Index auf Länder, in denen mehrere Parteien zur Wahl zugelassen sind.
Wahlerfolg antipluralistischer Parteien als Faktor
Das AFI 2025 Update untersucht den Wahlerfolg antipluralistischer Parteien als plausiblen Faktor für den Rückgang der akademischen Freiheit. Die Daten des Berichts decken einen Zeitraum von 50 Jahren ab und zeigen folgende Korrelation: Länder, in denen antipluralistische Parteien wenig bis gar keinen politischen Einfluss haben, weisen tendenziell ein hohes Maß an Wissenschaftsfreiheit auf, während die Wissenschaftsfreiheit dort, wo Antipluralisten einflussreich sind, typischerweise schwindet. Dabei spielt die Präsenz antipluralistischer Parteien in der Opposition für einen Rückgang der Wissenschaftsfreiheit kaum eine Rolle; die Wissenschaftsfreiheit ist vielmehr dort gefährdet, wo antipluralistische Parteien Teil der Regierung werden oder sind.
Spotlight: Argentinien, Polen und die Vereinigten Staaten
FAU/VDem
Anhand von drei Länderbeispielen – Argentinien, Polen und den Vereinigten Staaten – zeigt das AFI-Update, wie antipluralistische Parteien die Wissenschaftsfreiheit untergraben, sobald sie an der Macht sind.
In allen drei Fällen nutzten antipluralistische Politiker mit Regierungsverantwortung auf nationaler oder bundesstaatlicher Ebene ganz ähnliche Methoden, um mehr Kontrolle über die Wissenschaft zu erlangen, insbesondere durch die Einschränkung der institutionellen Autonomie oder der Freiheit der Lehre sowie durch das Streichen von Finanzierung für Forschung, die der jeweiligen politischen Vision widerspricht. Einen besonders bemerkenswerten Rückgang verzeichnet Argentinien, wo der AFI-Wert innerhalb eines Jahres von einem sehr hohen Wert von 0,97 auf nur noch 0,69 sank (auf einer Skala von 0 bis 1, niedrig bis hoch). Der Fall Polen hingegen zeigt, dass der Rückgang der Wissenschaftsfreiheit auch gestoppt werden kann, wenn antipluralistische Parteien die Macht verlieren. Polen erreichte 2014, also vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2015, einen sehr hohen AFI-Wert von 0,98. Im Jahr 2022 war das Land dann mit einem AFI-Wert von 0,73 auf einem Tiefpunkt angekommen. Nach den Parlamentswahlen 2023 erholte sich die Wissenschaftsfreiheit im Land jedoch wieder und erreichte nun einen Wert von 0,87 auf der AFI-Skala.
Datengrundlage
Das diesjährige Update des Academic Freedom Index basiert auf V-Dem Daten der Version 15, die auf Bewertungen von 2.363 Länderexperten weltweit zurückgreift. Die Daten decken den Zeitraum von 1900 bis 2024 ab. Alle Daten sind öffentlich zugänglich und umfassen insgesamt mehr als eine Million Datenpunkte auf Kodiererebene. Der aggregierte Index setzt sich aus fünf Indikatoren zusammen: der Freiheit von Forschung und Lehre, der Freiheit des akademischen Austauschs und der Wissenschaftskommunikation, der institutionellen Autonomie von Universitäten, der Campusintegrität und der akademischen und kulturellen Ausdrucksfreiheit.
Open Access und Visualisierung
Die für das AFI-Update 2025 verwendeten Daten sind für weitere Studien frei zugänglich. Auf der Website Academic Freedom Index gibt es eine interaktive Visualisierung der Daten, Länderprofile und weiterführende Informationen zum Indexprojekt, der Bericht selbst ist unter https://academic-freedom-index.net/research/Academic_Freedom_Index_Update_2025.p... verfügbar. Interessierten stehen außerdem benutzerfreundliche Grafiktools zur Verfügung. Diese können von Forschenden, Studierenden oder politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern genutzt werden.
Folgt auf den Tod das digitale (Über-)Leben?
Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) präsentiert Studie „Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens“
Neue Technologien wie KI ermöglichen das Weiterleben nach dem Tod in Form von digitalen Darstellungen (Avataren) oder Chatbots. Die Digital Afterlife Industry, die solche Möglichkeiten anbietet, gilt als vielversprechender Wachstumsmarkt. Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT sowie der Universität Tübingen hat Gestaltungsvorschläge zum Umgang mit Avataren erarbeitet und in der Studie „Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens“ zusammengefasst. Die Studie kann hier kostenfrei heruntergeladen werden: www.sit.fraunhofer.de/edilife-studie.
Viele Menschen möchten nach einer vom Informationsdienst Wissenschaft (idw) verbreiteten Meldung des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt etwas hinterlassen, das ihren eigenen Tod überdauert. Viele Hinterbliebene wünschen sich die Möglichkeit, nochmal mit einem verstorbenen Menschen zu sprechen. Digitale Nachahmungen von verstorbenen Personen versprechen die Erfüllung solcher Sehnsüchte. Beispiele reichen von der Stimme der verstorbenen Oma, die Hörbücher spricht, über Chatbots, die schriftliche Kommunikation mit einer verstorbenen Person simulieren, bis zu digitalen Avataren, die auch das Aussehen und die Gestik einer Person nachahmen. Jüngste Entwicklungen im Bereich der KI, aber auch virtueller Welten lassen erwarten, dass Avatare Verstorbener künftig deutlich realistischer erscheinen, sowohl äußerlich (Stimme, Gestik) als auch im Verhalten. Neue digitale Technologien erlauben zudem immer realistischere Interaktionen zwischen Menschen und Avataren.
Ungeklärte Fragen
Hieraus ergeben sich viele ungeklärte kulturelle, rechtliche und technische Fragen: Wie lassen sich Avatare mit Pietät und Trauer verbinden? Wie lassen sich die Rechte von Verstorbenen wahren und Angriffs- und Missbrauchsmöglichkeiten verhindern? Diesen und anderen Fragen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Informatik und der Rechtswissenschaften am Fraunhofer SIT sowie des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften IZEW der Universität Tübingen nachgegangen und haben erstmals einen systematischen Überblick über das digitale Weiterleben erstellt. Ihre Forschungsergebnisse haben sie in der Studie „Edilife – Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens“ veröffentlicht.
IT-Sicherheit und Datenschutz in virtuellen Welten
Zunächst analysierten die Forschenden den Wandel der Sterbe-, Trauer- und Bestattungskultur bis zur Entstehung der Digital Afterlife Industry und (pop-)kultureller Vorstellungen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit den aktuellen technischen Möglichkeiten, digitale menschliche Abbilder zu erzeugen sowie mit Schutz und Sicherheit persönlicher Daten, die zur Erstellung eines Avatars nötig sind. Schließlich befasst sich der dritte Teil der Studie mit der rechtlichen Sicht auf das digitale Weiterleben, mit Pflichten von Dienstanbietern, der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung sowie möglichen persönlichkeitsrechtlichen Bedrohungen.
Die Studie schließt mit Leitgedanken und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Avataren des digitalen Weiterlebens: trauernde Personen, die Dienste für das digitale Weiterleben nutzen, sollten einen besonderen rechtlichen Schutz erhalten, um sie in ihrer emotionalen Ausnahmesituation vor Missbrauch und Ausnutzung zu bewahren; für kommerzielle Anbieter sollten Transparenz- und Erklärungspflichten eingeführt werden, speziell in Bezug auf die Datenverarbeitung zur Erstellung eines digitalen Avatars. Die Forschenden raten auch dazu, Avatare als solche zu kennzeichnen und in ihren Handlungsspielräumen zu begrenzen. Mit der Studie möchten die Forschenden dazu beitragen, dass „Weichen für eine gelingende Umsetzung neuer digitaler Praktiken im Kontext von Tod und Erinnern“ gestellt werden, heißt es im Text.
Über die Studie
Die Studie entstand im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts „Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens“ (Edilife) unter Leitung des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen und Beteiligung des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT. Ziel des Projekts war es, die Chancen und Herausforderungen kommender gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen zu analysieren, zu bewerten und zu antizipieren.